Montag: Das Schlagzeug wird im Aufnahmeraum aufgebaut, gegebenenfalls
noch einmal gestimmt, und jede Trommel wird einzeln mit einem Mikrofon
abgenommen. In der Regel stehen dem Schlagzeug auf der 16 - Spur - Bandmaschine
allein 7 Spuren zur Verfügung.
Der Bass, wird gestimmt (nach Stimmgerät !! ) und bekommt auf
der Bandmaschine eine Spur zugewiesen. Er benötigt, wie auch die
Gitarre, keinen Verstärker, sondern wird direkt mit dem Mischpult
verkabelt. Im Gegensatz zu Bass und Schlagzeug wird die Gitarre heute
noch nicht auf Band aufgenommen, sondern spielt nur zur Orientierung
mit. Damit Bass und Gitarre zu hören sind, werden sie auf die Kopfhörer
gegeben.
Falls zur Orientierung notwendig, kann die Sängerin oder der Sänger
vom Kontrollraum aus, wo das Mischpult steht, über Mikrofon mitsingen.
Auch sie wird noch nicht aufgenommen, ist aber über Kopfhörervon
den anderen zu hören. Sie muß sich in einem anderen Raum befinden,
weil ihre Stimme sonst von den Schlagzeugmikros mit aufgenommen werden
würde. Das nennt man dann in Fachkreisen Übersprechen"
und das ist natürlich nicht erwünscht.
Den Anzähler bekommt Ihr als Click" (Metronom) per Kopfhörer
vom Computer. Das heißt die Bandmaschine und der Sequencer des
Computers sind zuvor synchronisiert worden, und ihr hört ein Metronom
in Vierteln in dem jeweiligen Tempo des Songs. Wenn Ihr wollt könnt
Ihr den Click als Tempoorientierung während des ganzen Stückes
hören. Das nennt man in Fachkreisen "nach Click einspielen",
ist aber ganz schön schwierig.
Im Normalfall wird der "Click" in dem Moment abgeschaltet,
wenn Bass oder Schlagzeug ihren ersten Ton auf Band haben.
Im Prinzip spielt Ihr jetzt Eure Songs ein, wie im Übungsraum auch.
Mit dem Unterschied, daß Ihr eure(n) SängerIn nur durch die
Glasscheibe seht, der Klang durch
die Kopfhörer ungewohnt ist, und der Mann oder die Frau hinterm
Mischpult immer was zu meckern hat.
Meistens wird gemeckert, weil das Tempo langsamer oder schneller wird.
Und so wird ein und dasselbe Stück manchmal bis zu 10 - 20 Mal
wiederholt, bis das Timing zwischen Bass und Schlagzeug stimmt, und
sich keiner von beiden mehr verspielt. Dabei kommt man ganz schön
ins Schwitzen, und die Nerven leiden auch schon.Was im Übungsraum
ein paar Minuten gedauert hat, wird hier in einigen Stunden aufs Band
gebracht.
Dienstag: Heute ist der Gitarrentag. Die Gitarre wird gestimmt,
der Sound am Gitarrenverstärker eingestellt und per Mikrofon abgenommen.
Die Aufnahme von Bass und Schlagzeug wird als sogenanntes Playback auf
den Kopfhörer gegeben, und schon kann die Aufnahme beginnen.
Unter Umständen ist der Rest der Band gar nicht im Studio und er/die
GitarristIn muß alleine schwitzen.
Bei professionellen Studioproduktionen kann es passieren, daß sich
die StudiomusikerInnen nie kennengelernt haben obwohl sie an ein und
dem selben Stück mitgewirkt haben. Dies ist jedoch zum Glück
die Ausnahme.
In unserem Fall wird die Gitarre nicht in einem Rutsch aufgenommen,sondern
die verschiedenen Arten des Gitarrenspiels, die in einem Stück
vorkommen, werden auf verschiedene Spuren gespielt. Zum Beispiel wird
die verzerrte Gitarre oft zweimal hintereinander (exakt gleich) auf
zwei unterschiedliche Spuren gespielt. Dadurch wirkt sie bei der Abmischung
druckvoller. Oder es werden alle unverzerrten, gezupften oder Wah-Wah-Gitarren
nacheinanderauf verschiedene Spuren gespielt.
Diesen Aufnahmevorgang nennt man "Overdubverfahren". Es wird
nicht alles auf einmal, sondern Schritt für Schritt aufgenommen.
Beim Einspielen der Gitarre zahlt es sich aus, daß Bass und Schlagzeug
am Vortag so genau aufs Timing geachtet haben.
Denn hierauf stützt sich der Gitarrist. Gar nicht auszudenken,
wie es wäre, wenn das Playback ständig schneller und langsamer
würde. Im Übungsraum kann man sich gegenseitig angucken. Im
Studio bleibt nur die Konzentration aufs eigene Spiel und aufs Playback
der anderen. Bei Breaks müssen längere Pausen genau taktmäßig
in ihrer Länge festgelegt sein, so daß ein Einstieg der Gitarre
mit dem Playback synchron gelingen kann. Es bleibt also nichts dem Zufall
überlassen.
Mittwoch: Heute ist endlich der Gesang dran und gegebenenfalls
das Keyboard oder das Gebläse. Natürlich versucht man den
Gesang beim ersten mal richtig aufzunehmen (first take), um die Stimme
nicht zu überanstrengen.Wenn es denn aber gar nicht anders geht,
hangelt man sich bei der Aufnahme von Strophe zu Strophe, von Refrain
zu Refrain. In der Regel besteht also die Möglichkeit, die guten
Gesangspassagen auf dem Band zu lassen und die schlechten zu
überspielen. Für den Backgroundgesang werden eigene Spuren
verwendet. Hier ist schon bei der Vorbereitung darauf zuachten, daß
die Tonlängen mit der Hauptstimme exakt übereinstmmen. Denn
alle Fehler treten im Tonstudio überdeutlich zu Tage. Und, daß
man diese mit Hall oder anderen Effekten später beim Mischen beseitigen
könnte, ist ein weit verbreiteter Irrglaube.
Das heißt, eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete.
Donnerstag: Heute ist der erste Mischtag. Mit den verschiedensten
Geräten und Handgriffen werden nun alle Möglichkeiten, die
übrigens nichts mit Hexerei zu tun haben, ausgeschöpft, um
Eure Arbeit im besten Licht erscheinen zu lassen.
In der Regel beschäftigt man sich hierbei mehrere Stunden mit einem
Song, und ihr könnt Euch zurücklehnen und denken: Das
arme Schwein muß sich diesen Song jetzt zum zwanzigsten mal anhören!"
Das kostet manchmal tatsächlich Nerven, macht aber in der Regel
auch eine Menge Spaß.
Es wäre allerdings ratsam eine(n) verantwortliche(n) SprecherInfür
ein Stück jeweils zu benennen, die/der spezielle Wünsche äußern
kann. Gesang oder ein Instrument zu leise oder zu laut, zuwenig oder
zuviel Hall usw. usf..
Nichts ist nämlich schlimmer, als wenn jeder aus der Band seinen
Senf dazugibt und man beim Mischen mit widersprüchlichen Vorstellungenkonfrontiert
wird. Frei nach dem Motto: Viele Köche verderben den Brei. Oder:
Zuviele Häuptlinge, zu wenig Indianer.
Am Schluß wird die fertige Abmischung eines Stückes noch einmal
gemeinsam abgehört und von der 16 - Spur - Maschine auf ein digitales
Stereoband (DAT) aufgenommen (gemastert).
Nun geht der ganze Spaß mit dem nächsten Stück von vorne
los. Irgendwann sind einfach die Ohren dicht, und die Arbeit wird am
Freitag fortgesetzt und zu ende geführt.
Wenn alle Songs auf dem Dat-Band (Master) sind, werden noch einige Kopien
davon auf normale Audiokassetten gezogen. Diese bekommt Ihr als Demos
ausgehändigt, und Euer Dat - Master wird archiviert. Es bleibt
natürlich zu hoffen, daß Ihr mit Eurer Demokassette viele
Auftritte ranholen könnt und - im Falle der Berühmtheit -
die ersten Anfänge im "LÖWENHERTZ" - Tonstudio nicht
vergeßt.
OK, mittlerweile arbeiten wir per "Harddiskrecording" und gemastert wird auf CD/DVD. Aber ansonsten passiert im Studio immer noch das selbe wie zu den guten alten analog Zeiten.
Ist nicht nur ein Song...
Mehr Informationen zum interkulturellen Projekt gibt es hier..
Rapflektion 2012
Folge6
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