Was passiert im Tonstudio?
Auszug aus dem Rockkalender "10 - Jahre LÖWENHERTZ"

drummerIm LÖWENHERTZ - Tonstudio habt Ihr die Möglichkeit, mit eurer Band innerhalb von einer Woche 2-3 Songs aufzunehmen.
Dies scheint sehr wenig zu sein, hängt aber mit dem Aufnahme- verfahren und der erforderlichen Zeit für die klangliche Nachbearbeitung zusammen.

Montag: Das Schlagzeug wird im Aufnahmeraum aufgebaut, gegebenenfalls noch einmal gestimmt, und jede Trommel wird einzeln mit einem Mikrofon abgenommen. In der Regel stehen dem Schlagzeug auf der 16 - Spur - Bandmaschine allein 7 Spuren zur Verfügung.
Der Bass, wird gestimmt (nach Stimmgerät !! ) und bekommt auf der Bandmaschine eine Spur zugewiesen. Er benötigt, wie auch die Gitarre, keinen Verstärker, sondern wird direkt mit dem Mischpult verkabelt. Im Gegensatz zu Bass und Schlagzeug wird die Gitarre heute noch nicht auf Band aufgenommen, sondern spielt nur zur Orientierung mit. Damit Bass und Gitarre zu hören sind, werden sie auf die Kopfhörer gegeben.
Falls zur Orientierung notwendig, kann die Sängerin oder der Sänger vom Kontrollraum aus, wo das Mischpult steht, über Mikrofon mitsingen. Auch sie wird noch nicht aufgenommen, ist aber über Kopfhörervon den anderen zu hören. Sie muß sich in einem anderen Raum befinden, weil ihre Stimme sonst von den Schlagzeugmikros mit aufgenommen werden würde. Das nennt man dann in Fachkreisen „Übersprechen" und das ist natürlich nicht erwünscht.
Den Anzähler bekommt Ihr als „Click" (Metronom) per Kopfhörer vom Computer. Das heißt die Bandmaschine und der Sequencer des Computers sind zuvor synchronisiert worden, und ihr hört ein Metronom in Vierteln in dem jeweiligen Tempo des Songs. Wenn Ihr wollt könnt Ihr den Click als Tempoorientierung während des ganzen Stückes hören. Das nennt man in Fachkreisen "nach Click einspielen", ist aber ganz schön schwierig.
Im Normalfall wird der "Click" in dem Moment abgeschaltet, wenn Bass oder Schlagzeug ihren ersten Ton auf Band haben.
Im Prinzip spielt Ihr jetzt Eure Songs ein, wie im Übungsraum auch. Mit dem Unterschied, daß Ihr eure(n) SängerIn nur durch die Glasscheibe seht, der Klang durch
die Kopfhörer ungewohnt ist, und der Mann oder die Frau hinterm Mischpult immer was zu meckern hat.
Meistens wird gemeckert, weil das Tempo langsamer oder schneller wird. Und so wird ein und dasselbe Stück manchmal bis zu 10 - 20 Mal wiederholt, bis das Timing zwischen Bass und Schlagzeug stimmt, und sich keiner von beiden mehr verspielt. Dabei kommt man ganz schön ins Schwitzen, und die Nerven leiden auch schon.Was im Übungsraum ein paar Minuten gedauert hat, wird hier in einigen Stunden aufs Band gebracht.

Dienstag: Heute ist der Gitarrentag. Die Gitarre wird gestimmt, der Sound am Gitarrenverstärker eingestellt und per Mikrofon abgenommen.
Die Aufnahme von Bass und Schlagzeug wird als sogenanntes Playback auf den Kopfhörer gegeben, und schon kann die Aufnahme beginnen.
Unter Umständen ist der Rest der Band gar nicht im Studio und er/die GitarristIn muß alleine schwitzen.
Bei professionellen Studioproduktionen kann es passieren, daß sich die StudiomusikerInnen nie kennengelernt haben obwohl sie an ein und dem selben Stück mitgewirkt haben. Dies ist jedoch zum Glück die Ausnahme.
In unserem Fall wird die Gitarre nicht in einem Rutsch aufgenommen,sondern die verschiedenen Arten des Gitarrenspiels, die in einem Stück vorkommen, werden auf verschiedene Spuren gespielt. Zum Beispiel wird die verzerrte Gitarre oft zweimal hintereinander (exakt gleich) auf zwei unterschiedliche Spuren gespielt. Dadurch wirkt sie bei der Abmischung druckvoller. Oder es werden alle unverzerrten, gezupften oder Wah-Wah-Gitarren nacheinanderauf verschiedene Spuren gespielt.
Diesen Aufnahmevorgang nennt man "Overdubverfahren". Es wird nicht alles auf einmal, sondern Schritt für Schritt aufgenommen.
Beim Einspielen der Gitarre zahlt es sich aus, daß Bass und Schlagzeug am Vortag so genau aufs Timing geachtet haben.
Denn hierauf stützt sich der Gitarrist. Gar nicht auszudenken, wie es wäre, wenn das Playback ständig schneller und langsamer würde. Im Übungsraum kann man sich gegenseitig angucken. Im Studio bleibt nur die Konzentration aufs eigene Spiel und aufs Playback der anderen. Bei Breaks müssen längere Pausen genau taktmäßig in ihrer Länge festgelegt sein, so daß ein Einstieg der Gitarre mit dem Playback synchron gelingen kann. Es bleibt also nichts dem Zufall überlassen.

Mittwoch: Heute ist endlich der Gesang dran und gegebenenfalls das Keyboard oder das Gebläse. Natürlich versucht man den Gesang beim ersten mal richtig aufzunehmen (first take), um die Stimme nicht zu überanstrengen.Wenn es denn aber gar nicht anders geht, hangelt man sich bei der Aufnahme von Strophe zu Strophe, von Refrain zu Refrain. In der Regel besteht also die Möglichkeit, die guten Gesangspassagen auf dem Band zu lassen und die schlechten zu
überspielen. Für den Backgroundgesang werden eigene Spuren verwendet. Hier ist schon bei der Vorbereitung darauf zuachten, daß die Tonlängen mit der Hauptstimme exakt übereinstmmen. Denn alle Fehler treten im Tonstudio überdeutlich zu Tage. Und, daß man diese mit Hall oder anderen Effekten später beim Mischen beseitigen könnte, ist ein weit verbreiteter Irrglaube.
Das heißt, eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete.

Donnerstag: Heute ist der erste Mischtag. Mit den verschiedensten Geräten und Handgriffen werden nun alle Möglichkeiten, die übrigens nichts mit Hexerei zu tun haben, ausgeschöpft, um Eure Arbeit im besten Licht erscheinen zu lassen.
In der Regel beschäftigt man sich hierbei mehrere Stunden mit einem Song, und ihr könnt Euch zurücklehnen und denken: „Das arme Schwein muß sich diesen Song jetzt zum zwanzigsten mal anhören!"
Das kostet manchmal tatsächlich Nerven, macht aber in der Regel auch eine Menge Spaß.
Es wäre allerdings ratsam eine(n) verantwortliche(n) SprecherInfür ein Stück jeweils zu benennen, die/der spezielle Wünsche äußern kann. Gesang oder ein Instrument zu leise oder zu laut, zuwenig oder zuviel Hall usw. usf..
Nichts ist nämlich schlimmer, als wenn jeder aus der Band seinen Senf dazugibt und man beim Mischen mit widersprüchlichen Vorstellungenkonfrontiert wird. Frei nach dem Motto: Viele Köche verderben den Brei. Oder: Zuviele Häuptlinge, zu wenig Indianer.
Am Schluß wird die fertige Abmischung eines Stückes noch einmal gemeinsam abgehört und von der 16 - Spur - Maschine auf ein digitales Stereoband (DAT) aufgenommen (gemastert).
Nun geht der ganze Spaß mit dem nächsten Stück von vorne los. Irgendwann sind einfach die Ohren dicht, und die Arbeit wird am Freitag fortgesetzt und zu ende geführt.
Wenn alle Songs auf dem Dat-Band (Master) sind, werden noch einige Kopien davon auf normale Audiokassetten gezogen. Diese bekommt Ihr als Demos ausgehändigt, und Euer Dat - Master wird archiviert. Es bleibt natürlich zu hoffen, daß Ihr mit Eurer Demokassette viele Auftritte ranholen könnt und - im Falle der Berühmtheit - die ersten Anfänge im "LÖWENHERTZ" - Tonstudio nicht vergeßt.

OK, mittlerweile arbeiten wir per "Harddiskrecording" und gemastert wird auf CD/DVD. Aber ansonsten passiert im Studio immer noch das selbe wie zu den guten alten analog Zeiten.

rapnation

Ist nicht nur ein Song...
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